Am 13.06.2018 hat der Verteidigungs- und Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages mit den Stimmen der CDU/CSU und der SPD das Leasing von mindestens fünf bewaffnungsfähigen Drohnen des Typs Heron TP bewilligt. Bündnis 90/Die Grüne und Die Linke stimmten gegen die Vorlage während sich die Alternative für Deutschland und FDP enthielten. Die Entscheidung, ob die Drohnen auch bewaffnet werden, soll zu einem späteren Zeitpunkt geführt werden. Etwa 50 Mio. Euro sind im 900 Mio. Euro-Vertrag aber bereits für die technische Befähigung zur Bewaffnung vorgesehen. Es soll jedoch keine Waffenausbildung für das Bundeswehrpersonal erfolgen und auch Munition wird bis zu der Befassung des Bundestages nicht beschafft. (Unter der Pressemitteilung der IPPNW finden sich einige Presseartikel zu der Entscheidung)
Vor dem Bundestag gab es eine Protestaktion gegen die Anschaffung von bewaffnungsfähiegn Drohnen für die Bundeswehr. Ein kurzes Video von der Aktion findet sich hier.
Der Vertrag mit Airbus Defence & Space Airborne Solutions wurde noch am selben Abend durch das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) unterzeichnet. Zu später Stunde des darauffolgenden Tages, dem 14.06.2018, wurde auch im Plenum des Bundestags über die Beschaffung von bewaffnungsfähigen Drohnen debattiert. Das Video kann in der Mediathek des Bundestages abgerufen werden.
Ethische und rechtliche Debatte über Kampfdrohnen notwendig
Bewaffnungsfähige Drohnen für die Bundeswehr
Im Koalitionsvertrag hatten SPD und CDU festgelegt, dass der Bundestag erst „nach ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung gesondert“ über die Beschaffung der Bewaffnung von HERON TP Drohnen entscheiden soll. Hierzu solle „die Bundesregierung eine gesonderte Vorlage erstellen und dem Deutschen Bundestag zuleiten.“ Außerdem sind laut Koalitionsvertrag „vor einer zukünftigen Beschaffung von bewaffnungsfertigen Drohnen … die konzeptionellen Grundlagen für deren Einsatz zu schaffen.“
Die IPPNW fordert eine parlamentarische Debatte unter Einbeziehung von Expert*innen und der Zivilgesellschaft über die Legalität, über ethische Fragen sowie über die humanitären Folgen eines Einsatzes von Kampfdrohnen. „Mit der Entscheidung für ein Leasing der Heron TP wird eine zukünftige Bewaffnung der Drohnen wahrscheinlicher“, kritisiert IPPNW-Vorstandsmitglied Susanne Grabenhorst. Auch werde damit die Herstellung und Erprobung dieser inhumanen Waffen angetrieben. „Anstatt bewaffnungsfähige Drohnen zu leasen, sollte sich die Bundesregierung international gegen ihre militärische Nutzung einsetzen und die völkerrechtlichen Normen stärken“, so Grabenhorst.
„Wir freuen uns, dass die Große Koalition an der im Vertrag vereinbarten ‚Würdigung‘ festhält und hoffen sehr, dass die Debatte über eine Bewaffnung ernsthaft geführt wird. Deutschland ist bisher der einzige NATO-Mitgliedstaat, in dem die Regierungsparteien eine solche Untersuchung dieses gefährlichen Waffensystems angeordnet haben. Die Anhörung im Bundestag und die gesellschaftliche Debatte in Deutschland könnten und sollten weltweit Bedeutung erlangen“, erklärt Elsa Rassbach, eine Sprecherin der US-Friedensorganisation CODEPINK und Vertreterin von Attac und DFG-VK .
Das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) weist darauf hin, dass der Einsatz von Kampfdrohnen in bewaffneten Konflikten in vielen Fällen völkerrechtswidrig ist. Ihr Einsatz führe aufgrund ihrer Ungenauigkeit zu hohen zivilen Opferzahlen. Die Grundlagen für die Auswahl von Tötungszielen werden nur selten und dann erst nachträglich bekannt gemacht und gerichtlich nicht überprüft. Wiederholte Drohnenangriffe haben verheerende psychische Folgen auf die Zivilbevölkerung in den Zielgebieten. Personen, die direkte Verwandte verloren haben, aber auch Menschen, die keine Opfer im familiären Umkreis zu beklagen haben, leiden unter Symptomen psychischer Erkrankungen, vor allem der Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS). Kinder und Frauen haben ein besonders hohes Risiko für eine Psychotraumatisierung. Aber auch das Militärpersonal, die sogenannten Drohnenoperatoren, leiden unter einer Vielzahl psychischer Störungen.
Aufgrund der derzeitigen Praxis des Drohneneinsatzes durch die USA, Israel, Großbritannien und weitere Länder droht außerdem eine Aufweichung völkerrechtlicher Normen, die nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt wurden, um den Einsatz militärischer Gewalt zu beschränken.
Kontakt: Angelika Wilmen, Pressesprecherin IPPNW, Tel. 030 – 69807415, Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW), Körtestr. 10, 10967 Berlin, Email: wilmen@ippnw.de, www.ippnw.de
Hier einige Artikel zu der Entscheidung vom 13. Juni: