Pressemitteilung 3/2013 (23.4.2013)

Pressenotiz 3/2013
und
Offener Brief an den britischen Botschafter
23. April 2013

Offener Brief an den Britischen Botschafter

Unterstützung der Proteste „Ground the Drones“

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,

im Namen der bundesweiten Drohnen-Kampagne zum Appell „Keine Kampfdrohnen!“ möchten wir Sie davon in Kenntnis setzen, dass wir den hier in deutsch und englisch beigefügten Offenen Brief seiner Excellence, Simon McDonald CMG, dem britischen Botschafter in Deutschland,  überreichen wollten. Aus diesem Grunde telefonierten wir mit der britischen Botschaft in Berlin wegen eines Übergabetermins.

Bedauerlicherweise ist das Büro des Botschafters nach Aussage der Sekretärin nicht bereit, mit Vertretern einer Kampagne, die unter dem Namen „Keine Kampfdrohnen!“ arbeitet, zu treffen. Wir werden daher den Brief dem Pförtner der Botschaft am Donnerstag, den 25.4.2013 um 13 Uhr abgeben.

Besorgt darüber, dass Großbritannien – einziges europäisches Land, das eigene Kampfdrohnen einsetzt – dieses Arsenal erweitern will, und plant, in Großbritannien die wahrscheinlich erste Leitstelle für Drohnenkriegsführung in Europa einzurichten, möchten wir  die  gegen diese Entwicklung am kommenden Samstag, dem 27.4., stattfindenden Proteste in Großbritannien mit unserem Offenen Brief solidarisch unterstützen.

Gleichzeitig  ist es uns wichtig darauf hinzuweisen, dass zwei Tage zuvor, am Donnerstag, dem  25.4., im Deutschen Bundestag eine erneute Debatte zu diesem Thema stattfinden wird.
Wir fordern die Mitglieder des Parlaments auf, der Kriegsführung mit Kampfdrohnen nicht zu zustimmen, sondern im Sinne des Appels „Keine Kampfdrohnen!“ sich dem Wettrüsten entgegen zustellen.

Den Appell finden Sie unter www.drohnen-kampagne.de

 

Dokumente

 

Nachfolgend der offene Brief an den britischen Botschafter in deutscher und englischer Sprache:

 

Offener Brief an den britischen Botschafter in Deutschland

Sehr geehrter Herr Botschafter,

anlässlich der im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Irland am 27. April bevorstehenden Proteste gegen Kampfdrohnen unter dem Titel „Ground the Drones“ wenden wir uns als Vertreter der deutschen Kampagne gegen die Etablierung von Drohnentechnologie für Krieg, Überwachung und Unterdrückung mit diesem offenen Brief an Sie.

Die Drohnen-Kampagne ist im vergangenen Monat durch ein Bündnis von vielen bundesweiten und örtlichen Friedens- und Bürgerrechtsgruppen initiiert worden. Sie wird inzwischen von mehr als 120 Gruppen aus Deutschland unterstützt, darunter mehrere politische Parteien, von denen gegenwärtig zwei im Bundestag vertreten sind. In unserem an Bundesregierung und Bundestag gerichteten Appell „Keine Kampfdrohnen!“ fordern wir die Aufgabe aller Pläne zur Anschaffung, Forschung und Entwicklung von bewaffneten Drohnen.

Wir fordern die deutsche Regierung weiter dazu auf, sich stattdessen zusammen mit anderen Regierungen dafür einzusetzen, um die neue Eskalation des bedrohlichen Wettrüstens zu beenden, das die Anwendung tödlicher Waffen ohne Möglichkeit öffentlicher Überprüfung, ohne demokratische Kontrolle und im offenkundigen Bruch bestehender internationaler und nationaler Gesetze „normalisiert“. Wir fordern die deutsche Regierung auf, zusammen mit anderen Regierungen auf eine weltweite Ächtung von Kampfdrohnen hin zu arbeiten.

Großbritannien ist bisher das einzige Land in Europa, das eigene bewaffnete Kampfdrohnen einsetzt. Wir haben mit Bestürzung erfahren, dass Großbritannien die Anzahl von Reapers in seinem Arsenal verdoppeln wird und schon jetzt dabei ist, die wahrscheinlich erste Leitstelle für Drohnenkriegsführung in Europa auf dem RAF-Luftwaffenstützpunkt in Waddington einzurichten.

Diese einseitige Entscheidung der britischen Regierung könnte möglicherweise ein Wettrennen von Regierungen innerhalb und außerhalb Europas zu Beschaffung und Benutzung von Kampfdrohnen auslösen.
Darüber hinaus heißt es einerseits, dass das britische Verteidigungsministerium mit der aktuellen Untersuchung der Vereinten Nationen bezüglich eventueller Verstöße gegen das Völkerrecht durch die Benutzung unbemannter Drohnen in den Palästinensischen Gebieten, in Pakistan, Jemen, Somalia, und Afghanistan kooperiert, während es gleichzeitig Berichte gibt, wonach Großbritannien angeblich durch das „UK Intelligence Centre GCHQ“ (die Zentrale einer der drei britischen Geheimdienste) die USA mit Informationen für gezielte Tötungen in Pakistan und anderen Ländern versorgt hat und die US-Stützpunkte in Großbritannien auch aktuell direkt für gezielte Tötungen durch die USA in Afrika genutzt werden.

Die UNO untersucht zurecht die zunehmende Anzahl von Drohnenangriffen, die von den US-amerikanischen und britischen Streitkräften in Afghanistan ausgeführt werden. Seit 2008 hat die Anzahl britischer Drohnenangriffe drastisch zugenommen – fast jeder dritte Drohnenangriff gegen das afghanische Volk wird durch Großbritannien ausgeführt.

In den letzten Jahren haben UNO-Beamte wiederholt ihre Besorgnis zum Ausdruck gebracht, dass die Benutzung von Kampfdrohnen gegen Militante in Afghanistan durch die Vereinigten Staaten und das Vereinigte Königreich möglicherweise ein Bruch des Völkerrechts darstellt, selbst wenn im Einzelfall keine Zivilisten und Kinder getötet werden würden.

Europas Staaten dürfen diese bedrohliche neue Form der Kriegsführung nicht einfach übernehmen! Diese neuen Drohnenkriege untergraben das in vielen Jahrhunderten in vielen Kämpfen und unter massiven Anstrengungen errungene demokratische Fundament unserer Gesellschaft.

Es ist bekannt, dass die Nutzung von Kampfdrohnen die Schwelle zum bewaffneten Angriff senkt; die „gezielte“ Tötung von Menschen selbst außerhalb von Kriegsgebieten – ohne Anklage, ohne einen Gerichtsprozeß und und ohne Verurteilung – beinhaltet; die Bevölkerung in den Einsatzgebieten gefährdet und terrorisiert; die Entwicklung hin zu autonomen Killer-Robotern befördert und eine neue Runde des Wettrüstens einläutet.

Nach einer von Pew Research im vergangenen Frühling in 20 Ländern durchgeführten internationalen Umfrage lehnt eine deutliche Mehrheit der Bürger und Bürgerinnen in ganz Europa Drohnenangriffe strikt ab: 51% der Befragten in Polen, 55% in Italien, 59% in Deutschland, 62% in der Tschechischen Republik, 63% in Frankreich, 76% in Spanien, und 90% in Griechenland sprachen sich gegen den Einsatz bewaffneter Drohnen aus. Und selbst im Vereinten Königreich war mit 47% die Mehrheit der Befragten gegen Drohnenangriffe, während nur 43% sie befürworteten.

Wir freuen uns sehr darüber, dass sich britische Bürger und Bürgerinnen nun aktiv gegen das aktuelle britische Drohnenprogramm einsetzen und am 27. April zum Luftwaffenstützpunkt Waddington marschieren und protestieren werden. Diesen Menschen sprechen wir unsere ausdrückliche Unterstützung aus. Wir fordern Sie dazu auf, auf diese britischen Bürgerinnen und Bürger zu hören – ihr Widerstand gegen Kampfdrohnen findet nicht nur in Großbritannien Unterstützung, sondern auch durch große Mehrheiten in ganz Europa und zunehmend auch durch Bürgerinnen und Bürger der USA.

Zusammen mit vielen anderen Mitmenschen sowie zahlreichen Organisationen in den an Kraft gewinnenden Kampagnen gegen Kampfdrohnen in ganz Europa, den Vereinigten Staaten und der ganzen Welt werden wir uns dafür einsetzen, dass unsere Regierungen die Entwicklung, Anschaffung und den Einsatz von Drohnen beenden.

Höchste Priorität muss sein, dass die Länder Europas jetzt beginnen, auf einen Konsens über einen Verbot der Weiterverbreitung von bewaffneten Drohnen hinzuarbeiten, statt sich darin zu beeilen, diese zu entwickeln, zu beschaffen und einzusetzen.

Wir fordern die britische Regierung auf, den Einsatz bewaffneter Drohnen sofort einzustellen und deren Benutzung nicht weiter zu akzeptieren, sondern sich stattdessen mit anderen Regierungen zusammen zu tun, um auf ein internationales Abkommen zur Ächtung Kampfdrohnen hin zu arbeiten.

Mit freundlichen Grüßen,

 

Letter to British Ambassador

Dear Mr. Ambassador:

We are writing this Open Letter to you in connection with the „Ground the Drones“1 protests against combat drones that will take place in the United Kingdom of Great Britain and Ireland on April 27th. We represent the German Drone Campaign, which is against the establishment of drone technology for combat, surveillance and oppression.

The German Drone Campaign (Drohnen-Kampagne) was launched last month by a coalition of numerous national and local peace and civil rights groups and organizations. It has already been endorsed by more than 120 organizations in Germany, including several political parties, including two  in the current German parliament (Bundestag).  In our Appeal „No Combat Drones“ to the German government and parliament, we demand abandonment of all plans to acquire, research and develop weaponized drones.

We further demand that the German government instead join with other governments to put a stop to this ominous new escalation in the arms race that is „normalizing“ the use of lethal weapons outside of public scrutiny, without democratic oversight and in clear violation of established international and national laws. We urge the German government to work with other governments towards a worldwide ban of combat drones.

Great Britain is so far the only country in Europe using weaponized combat drones.  We are dismayed to learn that Great Britain will be doubling the number of Reapers in its arsenal and is already going ahead to establish what will likely be the first European-based control center for drone warfare -at RAF Waddington.

This unilateral decision of the British government could potentially provoke a competitive rush of governments in Europe and elsewhere to acquire and use of combat drones.

Moreover, even though the UK Ministry of Defence is reportedly cooperating with the United Nations inquiry regarding possible violations of international law through the use of unmanned drones in the Palestinian territories, Pakistan, Yemen, Somalia and Afghanistan, there are alarming reports that the UK Intelligence Centre GCHQ has been providing the US with intelligence for targeted killings in Pakistan and that US bases in the UK are directly supporting US targeted killings in Africa.

The UN is quite rightly investigating the escalating number of drone strikes carried out by UK and US forces in Afghanistan. Since 2008 British drone strikes have been rapidly increasing in number and now make up nearly a third of the Coalition drone attacks on the Afghan people.

Over the past several years, UN officials have repeatedly expressed concern that the US and UK use of drones to target militants in Afghanistan may be a violation of international law, even on those occasions when civilians and children are not killed.

European countries must not embrace this ominous new form of warfare! The new drone wars that threaten to undermine the heritage of democratic laws, standards and safeguards established through centuries of struggle and deliberation.

It is known that the use of combat drones lowers the threshold to armed aggression; entails “targeted” killing of people even outside of war zones – without indictment, trial and conviction; terrorizes and endangers the general population of the targeted territories; encourages the development toward autonomous killer robots; and initiates a new round in the arms race.

A large majority of citizens across Europe opposes drone strikes, according to an international survey in 20 countries conducted by Pew Research last spring. The survey found widespread opposition to drone strikes in every country surveyed in Continental Europe: 51% in Poland, 55% in Italy, 59% in Germany, 62% in the Czech Republic, 63% in France, 76% in Spain, and 90% in Greece disapproved of drone strikes. And a plurality of 47% in the United Kingdom also disapproved of drone strikes, while only 43% approved of them.

We are delighted that British citizens  are actively challenging the current British drone program and will be marching to RAF Waddington on April 27th and protesting there. We wish to expressly convey our support of these British citizens, and we urge you to listen to them. Their strong opposition to combat drones is shared by large majorities across Europe and increasingly by US citizens as well.

Together with friends, colleagues and numerous organizations in the growing campaigns against combat drones throughout Europe, the United States and around the world, we of the German drone campaign will continue to speak up until our governments stop developing, acquiring and using combat drones.
It is crucial that the countries of Europe begin working now towards a consensus to prohibit the proliferation of weaponized drones, rather than joining a rush to develop, acquire and use them.

We urge the British government to cease using or condoning the use of weaponized drones and instead to join with other governments to work towards an international treaty banning all combat drones.

Sincerely,